Verwaltungsgerichtshof
Judenplatz
11
1014 Wien
Zl.: VH 2010/11/0035
Beschwerdeführer: Dr. med. univ.
belangte Behörde: Ärztekammer für Steiermark
Kaiserfeldgasse 29
8010 Graz
angefochtener Bescheid: Bescheid der Ärztekammer für Stmk
Kaiserfeldgasse 29, 8010 Graz,
vom 11.11.2010, GZ.: .....
BESCHWERDE
gegen den Bescheid
1-fach
1 Bescheid in Kopie
1 eidesstättige Erklärung
1 Computer-Ausdruck der GKK
Gegen den Bescheid der Ärztekammer für Stmk, Kaiserfeldgasse 29, 8010 Graz, vom 11.11.2010,
GZ.: BA ..., erhebt der Beschwerdeführer innerhalb offener Frist gem. § 131 Abs 1 Zl 1 BVG und §§ 26 VwGG
B e s c h w e r d e
an den Verwaltungsgerichtshof.
Der angefochtene Bescheid wird seinem gesamten Inhalt und Umfang angefochten und die
Beschwerde wie folgt ausgeführt:
Beschwerdegründe:
1) Rechtswidrigkeit des Inhaltes:
Der Bescheid leidet aus folgenden Gründen an Rechtswidrigkeit des Inhaltes:
In Seite 2, letzter Absatz des bekämpften Bescheides, führt die belangte Behörde aus,
dass gem. § 69 Abs 2 AVG der Antrag auf Wiederaufnahme binnen 2 Wochen bei der Behörde einzubringen ist. Die Frist beginnt
ab dem Zeitpunkt, ab dem der Antragsteller vom Wiederaufnahmsgrund Kenntnis erlangt hat, wobei weiter ausgeführt wird, dass
nach der Rechtssprechung die Partei die Beweislast für die Rechtzeitigkeit des Antrags in Ansehung der Frist trifft.
In diesem Zusammenhang führt die belangte Behörde aus, dass mit dem fachärztlichen
Gutachten (richtig wohl: Befund) von Fr. OMR Dr. Grete Schallaböck vom 28.02.2010 ihr Wiederaufnahmeantrag, datiert mit 17.03.2010,
am 18.03.2010 persönlich eingebracht wurde.
Andererseits werde angegeben, dass der Befundbericht vom 05.03.2010 stammt und eine
Untersuchung in der Dauer von 2 Stunden stattgefunden habe. In diesem Zusammenhang wird ausgeführt, dass der 28.02.2010 ein
Sonntag gewesen ist und der fachärztliche Befund mit einem Datum versehen wurde, das 5 Tage vor dem tatsächlichen Befundungstermin
lag. In weiterer Folge sticht wiederum ins Auge, dass im 4. Absatz die belangte Behörde sich wiederum der Diktion „Gutachten“
statt „Befund“ bedient.
Weiters wird ausgeführt, dass der Beschwerdeführer bereits einen Arztbrief der Landesnervenklinik
Sigmund-Freud übermittelt erhalten habe, der mit 27.08.2009 datiert ist; in diesem Zusammenhang wird die Feststellung vermisst,
wann dieser Arztbrief dem Beschwerdeführer tats. zugekommen ist. Darin sei bereits die Diagnose eines „hyperkinetisches
Syndroms“ im Erwachsenenalter gestellt. Zus. ist 14 Tage nach der Aufnahme im LSF per 08.07.2009 die Diagnose „ADHS“
gestellt worden.
In diesem Zusammenhang wird festgestellt, dass mit 27.08.2009 Kenntnis vom Wiederaufnahmegrund
gegeben war und nicht erst durch den fachärztlichen Befund Dris. Schallabäck.
In diesem Zusammenhang führt die belangte Behörde weiter aus, dass es sich beim angegebenen
ADHS-Syndrom um nova reperta handelt, da im Gutachten Dris. Wagner vom 04.03.2009 eine hyperkinetische Störung angeführt worden
sei, welche allerdings letztendlich als dysthyme Störung bezeichnet wurde und ein Funktionsdefizit nicht vorgelegen sei.
In diesem Zusammenhang zitiert die belangte Behörde den Einwand der Nichtigkeit nach
§ 879 ABGB und führt in weiterer Folge aus, dass weder ein unterlaufener Irrtum noch eine neue Schlussfolgerung eines dem
Verwaltungsverfahren nicht beigezogenen SV einen Wiederaufnahmsgrund darstellen könne.
Hierzu wird ausgeführt, dass tatsächlich die Rechtzeitigkeit auf Grund des Befundes
Dris. Schallabäck – dies allerdings an sich – in Verbindung mit der beiliegenden, eidesstättigen Erklärung und
dem Computer-Ausdruck der Sozialversicherung gegeben ist.
Hierzu wird rechtlich ausgeführt, dass bei neuen Tatsachen seitens der belangten Behörde
selbst auf § 538 ZPO Bezug genommen wird, wobei inhaltlich die Bestimmung des § 530 Abs 1 Zl 7 heran zu ziehen ist und es
tatsächlich genügt, wenn dadurch eine wesentliche Änderung der Beweiswürdigung herbei geführt wird, wobei hins. der Fristeinhaltung
an sich die Glaubhaftmachung durch Bescheinigungsmittel zu erfolgen hat (Eco-Lex 2000/6, 37).
In diesem Zusammenhang wird ausgeführt, dass die Auffassung, die Wiederaufnahme könne
prozessual nur bei erwiesener Verspätung zurückgewiesen werden, widerspricht sohin den Bestimmungen der Öster. ZPO, welche
hier bei Verwaltungsverfahren von Relevanz sind und ist nur in bestimmten Ausnahmefällen eine derartige Vorgangsweise, wie
diese von der Ärztekammer an den Tag gelegt wurde, ein derart strenger Maßstab bei den Prüfungsvoraussetzungen in Anschlag
zu bringen, wobei tatsächlich nur nach der Rechtssprechung „allenfalls irgendein unhaltbares Beweismittel“ von
Relevanz sein könnte –siehe EvBl 1999/140.
Daraus erhellt, dass der Beschwerdeführer zur Bescheinigung ausreichend in der Lage
war, allerdings wurde prozessual der Verfahrenstechnik nicht entsprochen und auch eine Aufforderung zur Stellungnahme ist
nicht erfolgt. Auch wurde seitens der Ärztekammer eine Verhandlung nicht ausgeschrieben, sondern der bekämpfte Bescheid erst
kurz vor Ablauf der Frist, wonach ein Devolutionsantrag möglich gewesen wäre, gefällt.
Die Vorgangsweise seitens der Ärztekammer entspricht in keiner Weise rechtsstaatlichen
Gesichtspunkten und widerläuft dem Grundsatz „etiam alteram pars audiatur“,
was in rechtlicher Hinsicht unter Berücksichtigung des Stufenbaues der Rechtsordnung
gegen verfassungsrechtliche Grundnormen, nicht aber Verfassungsgesetze an sich verstösst.
Zudem scheint sich auch die Ärztekammer über den Begriff „Hyperaktivitätssyndroms
– ADHS“, wie in gegenst. Fall im Erwachsenenalter, in keiner Weise bewusst. Ausserdem kommt, dass es nach der
wissenschaftlichen Literatur diverse Verlaufstypen gibt und sich die Symptomatik anderer Störungen .. überschneiden –
siehe Reinhard Haller: „Das psychiatrische Gutachten 2008 – bei den Ausführungen ADHS“.
Zu dem ist zu sagen, dass vom rechtlichen Gesichtspunkt der Diagnose-Schlüssel ICD
(International Classification of Diseases) fehlt, so dass schon aus diesen Gründen die Rechtswidrigkeit des Bescheides gegeben
ist.
Allerdings war noch bis vor kurzem für die Erfassung dieser Kriterien des ADHS im
Erwachsenenalter ein Diagnose-System nicht gegeben und wurden die Kriterien in der Literatur nach 7 Gesichtspunkten formuliert,
wobei in weiterer Folge in Österreich Tröbinger führend ist und eine diesbezügliche, private Begutachtung des Beschwerdeführers
in Ausarbeitung steht. Vom rechtlichen Gesichtspunkt muss ausgeführt werden, dass seitens des beigez. SV weder eine ausreichende
Anamnese, noch ein Befund oder Test, insbesonders auch Hilfsbefund, vorgelegen ist.
Der Befund und die Begründung und im Gutachten Dris. Wagner ist widersprüchlich; insbesonders
ist in keiner Weise erkennbar, wenn der Gutacher, wie in Seite 4 des bekämpften Bescheides ausführt, dass letztendlich nur
eine dysthyme Störung vorgelegen ist.
Die Ärztekammer führt zwar richtig rechtlich aus, dass ein unterlaufener Irrtum noch
neue Schlussfolgerungen – letzteres wäre aber ohnehin tatsachenwidrig – vom Gesichtspunkt des § 69 Abs 1 lit b
AVG – keinen Wiederaufnahmegrund darstellen – allerdings wird seitens der Ärztekammer übersehen, dass vom rechtlichen
Gesichtspunkt auf Grund der fehlenden Schlüssigkeit des Gutachtens Dris. Wagner, wie bereits vorgetragen, das Gutachten selbst
bei den aufgezeigten Umständen nicht nur auf seine Schlüssigkeit nicht überprüft werden kann, sondern auch eine Würdigung
der Diagnose nicht vorgenommen werden konnte, zumal auch keinerlei plausible Untersuchungsmethoden beim ADHS, wie bei den
Eingaben des Beschwerdeführers dargetan, verwendet wurden.
Aus dem Gutachten Dris. Wagner ist auch nicht erkennbar, ob alle zur Verfügung stehende
Untersuchungsmethoden angewendet wurden. Da diesbezügl. nichts aus dem Gutachten ersichtlich ist und diese jedoch bei einem
Medizin-Rechtler und der dort weiterführenden Literatur ohne weiteres herausgearbeitet werden können, wobei Wikipedia selbst
noch keine absolute Beweiskraft aufweist, wohl aber die einzelnen Zitate der dort aufscheinenden Literatur.
Der Beschwerdeführer selbst hat alles Notwendige dargetan, allerdings ist die Angelegenheit
vor Vorliegen des Gutachtens Dris. Tröbinger, welches in Auftrag gegeben wurde, überhaupt nicht entscheidungsreif.
Dem Gutachten Dris. Wagner kann hier vom rechtlichen Gesichtspunkt überhaupt nicht
gefolgt werden – siehe hierzu auch ÖJZ 1977, 541.
Daraus ergibt sich bei den aufgezeigten Umständen die Rechtswidrigkeit des Bescheides
seines Inhaltes nach, wobei noch nachgetragen wird, zumal eine exakte Untersuchung nicht vorliegt, nova producta ohnehin auszuschließen
sind.
Aus diesen Gründen liegt auch res judicata in keiner Weise vor.
Den Ausführungen im bekämpften
Bescheid, Seite 5, ist Nachstehendes in rechtlicher Hinsicht entgegen zu halten:
Die nationalen
Gerichte sind grundsätzlich allein für die Feststellung des Sachverhalts der Ausgangsverfahren und die Qualifizierung der
betreffenden Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht zuständig. Der EuGH kann diese Beurteilung nicht durch seine eigene ersetzen,
er kann jedoch auf bestimmte Umstände hinweisen, die die vorlegenden Gerichte in Betracht ziehen können (siehe zuletzt: GA
Léger in der Rs. C-224/01, Köbler, Rz. 164 sowie der EuGH selbst, Rz. 89 ff).
Zudem besteht
Verfassungswidrigkeit .
2) Rechtswidrigkeit in Folge von Verletzung von Verfahrensvorschriften:
Unter Berücksichtigung der aufgezeigten Umstände, insbesonders, weil trotz der prozessualen
Vorbringen und der Hierarchie in der Beweisführung tatsächlich eine Beweisaufnahme nicht erfolgt ist und der Beschwerdeführer
auch, wie bereits oben ersichtlich, trotz seiner Vorhalte und Hinweise in keiner Weise gehört wurde.
Dazu kommt weiters, dass er beim schicksalhaften Verlauf der Krankheit, welche zum Praxisverlust
führte, es überhaupt fraglich ist, ob der bekämpfte Bescheid in seiner Gesamtheit bei der fehlenden Steuerungsfähigkeit, was
überhaupt noch nicht hinlängl. untersucht wurde, eine Wirkung an sich trotz Erlassung entfalten konnte. Es handelt sich nicht
mehr um eine Rechtswidrigkeit, sondern um eine absolute Nichtigkeit, nicht um ein Fehlerkalkül an sich, es stellt sich aber
die Frage der Relevanz vom Gesichtspunkt des § 268 ABGB; dies unbeschadet der derzeitigen Situation auf Grund der nun erfolgten
medikamentösen Behandlung und Therapien, welche erst jetzt kurzfristig erfolgen konnte, wodurch der Beschwerdeführer erkennen
konnte, wie schwer er erkrankte (tatsächlich war und er sich erst auf dem Weg der Besserung befindet).
3) Sonstige Verfahrensmängel:
Im gegenst. Fall wäre es erforderlich gewesen, eine mündliche Verhandlung unter Berücksichtigung
der besonderen Umstände des Falles anzuberaumen und auch nach der Hierarchie der Beweisführung ein geordnetes Beweisverfahren
durchzuführen.
Der Beschwerdeführer stellt daher den
A n t r a g,
der Verwaltungsgerichtshof möge den angefochtenen Bescheid der Ärztekammer für Stmk,
Kaiserfeldgasse 29, 8010 Graz, vom 11.11.2010, GZ.: BA 0210, wegen Rechtswidrigkeit in Folge von Verletzung von Verfahrensvorschriften
seinem gesamten Inhalt und Umfang nach aufheben.
Gem. § 47 ff Verwaltungsgerichtshofgesetz iVm der Verwaltungsgerichtshofaufwandsverordnung
2008 (VO-BGBl II 455/2008) den Rechtsträger der belangte Behörde verpflichten, den Schriftsatzaufwand und Eingabegebühr in
der durch Gesetz und Verordnung festgelegten Höhe gem. § 19a RAO binnen 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Graz, 2011-03-11 Dr.
med. N:N.